Dauerbrenner Grunderwerbsteuer: Jetzt will Hamburg mehr Geld
Dauerbrenner Grunderwerbsteuer: Jetzt will Hamburg mehr Geld
Die Grunderwerbsteuer ist ein ewiges Streitthema: Lukrative Einnahmequelle der Bundesländer – Kostentreiber beim Immobilienkauf. Die Sätze steigen seit Jahren. Nun will Hamburg mehr Geld. Die Wohnungswirtschaft würde die Steuer am liebsten abschaffen. Wie stichhaltig sind die Argumente dagegen?
Die Grunderwerbsteuer (GrESt) fällt beim Kauf eines Grundstücks oder eines Gebäudes an und wird seit 2006 von den Bundesländern erhoben. Seitdem haben fast alle der 16 Länder schon einmal an der Steuerschraube gedreht – nur in Bayern und Sachsen gilt noch der anfängliche Satz von 3,5 Prozent. Am zweitgünstigsten ist bislang Hamburg mit 4,5 Prozent.
Doch das soll sich nun ändern. Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) hat am 28. September in der Baulandkommission – deren Vize-Vorsitzende sie ist – erklärt, dass die Hansestadt spätestens in zwei Jahren die Grunderwerbsteuer anheben wird.
Der Spitzensatz liegt derzeit bei 6,5 Prozent. Der wird beim Immobilienkauf im Saarland, in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und in Thüringen fällig. In Berlin und Hessen fallen sechs Prozent an, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz sowie Sachsen-Anhalt verlangen fünf Prozent. Laut Bundesfinanzministerium kletterten die Einnahmen der Länder durch die Grunderwerbsteuer im Jahr 2019 auf einen neuen bundesweiten Rekordwert von 15,8 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von 12,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bis 2006 legte der Bund den Steuersatz fest.
So haben sich die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer entwickelt
Kritik aus der norddeutschen Wohnungswirtschaft: „Falsches Signal zur falschen Zeit“
Hamburg hat die Grunderwerbsteuer seit dem Jahr 2009 nicht erhöht. Trotzdem sind die Einnahmen seitdem von 270 Millionen Euro auf inzwischen mehr als rund 460 Millionen Euro gestiegen. „Das liegt an dem Bauboom in der Hansestadt“, erklärt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). Er kritsiert, dass die hohen Steuereinnahmen durch den Grunderwerb „einigen im Senat immer noch nicht hoch genug“ sind. „Das ist das falsche Signal zur falschen Zeit“, so Breitner.
Werde die Grunderwerbsteuer erhöht, dürften die Baukosten weiter steigen, so der VNW-Chef: „Wohnungsunternehmen, die ihre Wohnungen zu preiswerten Mieten anbieten, wird es dadurch unmöglich gemacht, wirtschaftlich zu arbeiten“. Er schlägt vor, den Bau von bezahlbarem Wohnraum steuerlich zu bevorteilen. Einen Freibetrag von der Grunderwerbsteuer beim erstmaligen Kauf von selbstgenutztem Wohneigentum wollte die Bundesregierung prüfen – das war zumindest im Koalitionsvertrag angekündigt. Passiert ist bislang nichts.
Die Grunderwerbsteuer ist schon länger umstritten, nicht nur in der Wohnungswirtschaft, sondern in der gesamten Immobilienbranche. Auch Ökonomen – etwa das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln – hatten wiederholt Kritik geäußert, da durch die Steuer die Nebenkosten beim Immobilienkauf stark in die Höhe gegangen seien.
Grunderwerbsteuer: Entwicklung von Steueraufkommen und Transaktionsvolumen
Steigende Grunderwerbsteuer – weniger Investitionen?
Die gesamten Erwerbsnebenkosten beim Immobilienkauf erreichen einen Anteil von zehn bis 15 Prozent des Kaufpreises. Das beeinflusst Investitionsentscheidungen. „Steigende Steuersätze führen in der Regel zu weniger Investitionen“, bestätigt Immobilienökonom Prof. Dr. Günter Vornholz von der EBZ Business School diesen wesentlichen Kritikpunkt. Die Grunderwerbsteuer benachteilige Immobilien gegenüber anderen Kapitalanlagen.
Einen Zusammenhang von Grunderwerbsteuer und der Politik der Wohneigentumsförderung sieht Vornholz wiederum nicht. Von den sieben Bundesländern mit einem überdurchschnittlichen Steuersatz, weisen demnach nur vier eine überdurchschnittliche und drei Länder eine geringere Eigentumsquote auf. Analoges gelte für die Länder mit einem vergleichsweise niedrigen Steuersatz. Bei einem Vergleich des Anstiegs des Steuersatzes mit dem Wachstum der Wohneigentumsquote seit 2006 zeige sich, dass in den beiden Ländern mit konstanter Steuerquote seit 2006 (Bayern und Sachsen) die Eigentumsquote nur leicht überdurchschnittlich im Bundesvergleich angestiegen ist. Von den fünf Ländern, die die höchste Anhebung vorgenommen haben, weisen vier ein relativ höheres Wachstum auf.
Grunderwerbsteuersätze senken – Share Deals besteuern
Vornholz ist der Ansicht, dass eine Modifikation der Grunderwerbsteuer darin bestehe, das „Steuerschlupfloch“ der sogenannten Share Deals zu schließen. Danach sollten alle Erwerber in Höhe ihrer erworbenen Anteile an der Gesellschaft grunderwerbsteuerpflichtig sein, so der Professor. Die Mehreinnahmen könnten dann zur Senkung des Grunderwerbsteuersatzes verwendet werden. Für Share Deals wird bislang eine Grunderwerbsteuer nicht fällig.
Eine weitere Alternative wäre laut Vornholz, die Grunderwerbsteuer durch die Umsatzsteuer zu ersetzen, da diese durch den Vorsteuerabzug an der Wertschöpfung angesetzt werde. Bei der Grunderwerbsteuer gibt es keinen Vorsteuerabzug. Dieser Alternative stünde derzeit jedoch die Höhe der reduzierten Umsatzsteuersätze entgegen.
Eine ersatzlose Streichung der Grunderwerbsteuer widerspreche zum einen dem EU-Recht, zum anderen wollten und könnten die Bundesländer auf diese Steuereinnahmen nicht verzichten. „Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es somit notwendig, dass aufgezeigt werden muss, wie das gegenfinanziert werden soll, ohne dass es zu Lasten anderer geht“, so Vornholz abschließend.
Veröffentlichung: 29.September.2020
Quelle: www.haufe.de