Wie wirkt sich die Corona-Krise eigentlich auf die Preise und Mieten deutscher Wohnimmobilien aus? Daten dazu gab es bislang vor allem aus Zeiträumen, in denen die Corona-Krise und der damit verbundene Lockdown ihre volle Wirkung noch nicht entfaltet hatten, also etwa aus dem ersten Quartal 2020 oder dem Monat März. Diese Daten ließen lediglich geringe Auswirkungen der Krise auf die Marktentwicklung erkennen.
In diese Richtung deuten auch Preis- und Mietdaten aus dem April, die jetzt vorliegen – dem ersten Monat also, in dem die Krise durchgehend präsent war. Damit scheint sich zu bestätigen, was Experten bereits seit einiger Zeit prognostizieren: Immobilienmärkte reagieren auf externe Schocks wie den Shutdown deutlich weniger hektisch als beispielsweise die Aktienbörse. Die Auswirkungen zeigen sich vielmehr erst mit einiger Verzögerung und auch – so sieht es derzeit aus – wesentlich weniger heftig.
Der Immobilienfinanzierungs-Plattform Europace zufolge etwa, über die nach eigenen Angaben immerhin 15 Prozent aller Immobilienfinanzierungen für Privatkunden in Deutschland abgewickelt werden, verlangsamte sich der Preisanstieg von Wohnungen sowie Bestands- und Neubauhäusern deutschlandweit zwar im April. Wie bereits in den Monaten zuvor ging es mit den Preisen jedoch weiterhin aufwärts, und zwar sowohl im Vergleich zum entsprechenden Monat des Vorjahres als auch zum Vormonat März.
„Entgegen einiger Prognosen von deutlichen Preisverfällen beobachten wir bisher keinen nennenswerten Rückgang der Wohnimmobilienpreise durch Corona“, so Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender der Europace-Schwester Dr. Klein Privatkunden AG. „Aus dem einfachen Grund: Die Nachfrage übertrifft nach wie vor das Angebot um ein Vielfaches.“
Der Markt sei mit dem Lockdown vorübergehend etwas kleiner geworden, so Neumann zu manager magazin. „Das heißt, es wurden temporär weniger Objekte angeboten und einige Käufer haben ihr Vorhaben aufgeschoben. Aber derzeit sehen wir eine schrittweise Rückkehr zum Vorkrisenniveau.“
Laut Neumann wird sich an der Marktstabilität auch in den kommenden Wochen und Monaten kaum etwas ändern. „Wir gehen vorübergehend von einer geringeren Aufwärtsdynamik bei der Preisentwicklung aus“, sagt er. „Fallende Preise sind auch in den nächsten Wochen unwahrscheinlich.“
2. Teil: Preise zeigen „frappierende Konstanz“
Das deckt sich mit Erkenntnissen der Analysefirma F+B, die die Wohnimmobilienmärkte deutschlandweit seit geraumer Zeit durchleuchtet und gegenwärtig durch die „Corona-Brille“ besonders aufmerksam auf die Entwicklung schaut. Ergebnis einer Analyse, die F+B am heutigen Mittwoch veröffentlicht hat: Die Preise und Mieten sind im groben Schnitt bundesweit weiterhin stabil, und die Angebotsvolumina bei Miet- und Eigentumsobjekten nehmen nach einem Rückgang zu Beginn der Krise inzwischen wieder zu.
Die Preise von Eigentumswohnungen zeigten zuletzt im Bundesdurchschnitt „eine frappierende Konstanz“, so F+B-Geschäftsführer Bernd Leutner. „Das ist nach Ansicht von F+B ein Ausdruck dafür, dass die Anbieter offenbar keine Notwendigkeit sehen, mit verringerten Angebotspreisen die Kaufnachfrage zu stimulieren.“
Die Frage ist allerdings: Wird die Stabilität, die der Wohnimmobilienmarkt zumindest bislang in der Krise zeigt, auch in nächster Zeit halten? Schließlich wird der wochenlange wirtschaftliche Lockdown, da sind sich Ökonomen einig, eine vermutlich heftige Rezession mit sich bringen. Tausende Menschen geraten in wirtschaftliche Schwierigkeiten, müssen Geschäfte schließen, sind von Kurzarbeit betroffen und ähnliches. Kaum vorstellbar, dass sich all dies nicht auf die Immobilienmärkte auswirken wird.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat dazu bereits vor wenigen Wochen eine Studie erstellt. Darin räumen die Autoren ein, dass angesichts des volkswirtschaftlichen Schocks der Krise auch die Immobilienpreise einbrechen könnten – sofern es zuvor zu Übertreibungen am Immobilienmarkt gekommen wäre. Da das IW Köln solche spekulativen Übertreibungen bei Wohnungen und Häusern hierzulande aber nicht erkennen kann, sei auch ein solcher Einbruch kaum zu erwarten.
Vollständig unberührt dürfte der Markt allerdings auch laut IW Köln kaum bleiben. Mögliche Insolvenzen sowie vermehrte Arbeitslosigkeit belasten Mieterwartungen und Wohnungspreise, so die Ökonomen. Auf der anderen Seite sorge wiederum die lockere Geldpolitik, mit der die Europäische Zentralbank der Krise begegnet, für anhaltend niedrige Zinsen, was die Immobilienfinanzierung erleichtere. „In der Kombination dieser Effekte ist für Deutschlands Wohnimmobilienmarkt mit leichten Preisreduktionen oder sogar einer Seitwärtsbewegung zurechnen“, so das Fazit des IW Köln.
Gute Nachrichten also auch für Investoren, die Geld in hiesige Wohnimmobilien stecken wollen? Das Investmenthaus JP Morgan Asset Management (JPMAM) hat angesichts der Corona-Krise seine langfristige Einschätzung zu den Kapitalmärkten komplett neu durchdacht. Das Ergebnis präsentierte JPMAM-Anlagestratege Tilmann Galler in dieser Woche in einer Online-Konferenz – dabei ging er auch auf den deutschen Immobilienmarkt ein.
Immobilienmärkte reagierten stets mit Zeitverzögerung auf wirtschaftliche Schocks, so auch Gallers Überzeugung. Es sei also nicht auszuschließen, dass auch auf den deutschen Markt noch eine Schwächephase zukomme. Insgesamt, so der Investmentprofi, sei JPMAM aber weiterhin optimistisch in Bezug auf deutsche Wohnimmobilien. Vor allem die günstigen Finanzierungsmöglichkeiten machten diesen Markt für Anleger attraktiv, sagte er. JPMAM sehe nicht, dass am deutschen Immobilienmarkt durch die Corona-Krise ein struktureller Schaden entstehe.